Dos & Don’ts in der Werbung
Von unterhaltsam und notwendig bis hin zu beeinflussend, übertrieben und störend – so wird Werbung wahrgenommen. Zugleich ist sie in jeder Form ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft, denn ohne Werbung lassen sich Produkte schwer verkaufen. Die Agenturen und die werbetreibenden Unternehmen müssen sich immer mehr einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu erregen. Doch: Ab wann beginnt die Herabwürdigung eines Menschen oder ab welchem Zeitpunkt schlägt die werbliche Übertreibung über die Stränge? Der Österreichische Werberat (ÖWR) begegnet der Problematik mit einer Initiative zur Bewusstseinsbildung und gibt ein neues Service-Handbuch heraus.
Konsumenten reagieren immer sensibler und nicht akzeptierte Gestaltungsfaktoren spiegeln sich direkt in der Kaufbereitschaft wider. So würde die Bevölkerung ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht kaufen bzw. in Anspruch nehmen, wenn dafür Werbung gemacht wird, die als unwahr, aggressiv oder sexistisch wahrgenommen wird. Beim tatsächlichen Kaufverhalten zeigt sich ein noch deutlicheres Bild: 62 % der Befragten gaben an, dass sie aufgrund einer für sie nicht akzeptablen Werbung schon einmal etwas bewusst nicht gekauft haben. Das brachte bereits 2015 die Konsumentenstudie des ÖWR zutage.
Spielregeln für Werbung sind also wichtig – und das nicht nur für die Bevölkerung. Werbetreibende Unternehmen, Agenturen und Medienhäuser sehen sich immer häufiger mit der Frage konfrontiert, ob ihre entwickelten Werbemaßnahmen mit dem Ethik-Kodex der österreichischen Werbewirtschaft kompatibel sind oder eben nicht. Eine Einschätzung, die selbst für den ÖWR nicht immer leicht zu beurteilen ist. Denn was als sozial unverträglich oder diskriminierend empfunden wird, entscheiden einzig und allein kulturelle Einstellungen und Werte der Gesellschaft, die sich laufend weiterentwickeln.
„Spielregeln für Werbung sind wichtig.“
„Wesentliche inhaltliche Inputs lieferten die regelmäßig stattfindenden Workshops mit unseren Werberätinnen und Werberäten“, erklärt Andrea Stoidl, Geschäftsführerin des ÖWR. Dabei wurden Fragen diskutiert wie „Wann wird Blickfangwerbung problematisch?“, „Wann beginnt die Herabwürdigung eines Menschen?“ oder auch „Wann wird die werbliche Übertreibung ein Problem?“. Die Erkenntnisse daraus sowie die Anzahl der Beschwerden zu den jeweiligen Bereichen führten schließlich zur gewählten Auswahl und Aufbereitung der genannten The-men des Ethik-Kodex.
Initiative zur Bewusstseinsbildung
Auf Basis der Erfahrungen von mehr als 3.000 Beschwerden aus der Bevölkerung und rund 1.400 Werberat-Entscheidungen wurde der Leitfaden „Dos & Don’ts in der Werbung“ entwi-ckelt. Die Initiative zur Bewusstseinsbildung in der österreichischen Werbewirtschaft ist somit erfolgreich vom ÖWR in Gang gebracht. „Mit ,Dos & Don’ts in der Werbung‘ bieten wir der werbetreibenden Wirtschaft eine echte Orientierungshilfe rund um Themen der Ethik und Moral in der Werbung an“, erklärt ÖWR-Präsident Michael Straberger die Grundintention des Service-Handbuchs. „Verantwortliche können die daraus gewonnenen Learnings für ihre Arbeit nutzen und Imageschäden für eine Marke oder das Unternehmen verhindern.“ Darüber hinaus kann das Handbuch als weiteres Instrument einer gut funktionierenden Selbstregulierung verstanden werden, um die, so Straberger weiter, „von drohenden, einschränkenden Gesetzen freie Werbewelt in Österreich zu wahren“. Hier liegt der Vorteil von Systemen der Selbstregulierung: So zeichnen sich Ethik-Richtlinien durch einen hohen Grad an Eigendynamik aus. Mithilfe einer kontinuierlichen Analyse aller eingehenden Beschwerdefälle sind für den Werberat schließlich Trends im Wertesystem der Gesellschaft leicht erkennbar und können – wenn sie sich verdichtet haben – wieder in den Ethik-Kodex in Form von neuen, zeitgemäßen Normen eingearbeitet werden. Soweit die Theorie – in der Praxis ist es dennoch oftmals schwer abzuwiegen, ob eine Werbemaßnahme eine gesellschaftlich akzeptierte Grenze bereits überschritten hat
„Wann wird die werbliche Übertreibung ein Problem?“
Service-Handbuch
Das Service-Handbuch über „Dos & Don’ts in der Werbung“ bietet eine praktische Orientierungshilfe, die anhand von Beispielen vor allem die „Grauzonen“ des Ethik-Kodex behandelt und Grenzen bildlich darstellt. Konkret werden die Themenbereiche „Ethik und Moral“, „Gewalt“, „Geschlechterdiskriminierende Werbung“ sowie „Kinder und Jugendliche“ und „Ältere Menschen“ behandelt. Ausreichend Platz findet auch die „Geschlechterdiskriminierung in der Werbung“. Hier reicht das Inhaltsspektrum von Aspekten der „Abwertung“, des „Produktzusammenhangs und Blickfangwerbung“ bis hin zur „Werbung in der Erotikbranche“ und „Stereotypen“. Im Zusammenhang mit Werbung für Kinder und Jugendliche geht es vor allem um Werbung, die sich direkt an Kinder und Jugendliche richtet, die Darstellung von Kindern und Jugendlichen in der Werbung und die thematische Auseinandersetzung mit der Darstellung von gesundheitlich bedenklichen Körperformen.
Dos & Don’ts in der Werbung
Kostenfreies Service-Handbuch für werbetreibende Unternehmen, Agenturen und Medienhäuser. Orientierungshilfe rund um Themen der Ethik und Moral in der Werbung.
www.werberat.at/dosdonts/dosdonts.pdf
Printausgabe kostenfrei erhältlich:
- Österreichischer Werberat, Email: office@werberat.at , Tel: 05 90 900-3577
- WKNÖ Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation, Email: werbung@wknoe.at, Tel: 02742/851 197 12
Werberat
Der ÖWR ist ein unabhängiges Organ des Vereins „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft“. Geschaffen wurde das Selbstbeschränkungssystem in Österreich freiwillig seitens der Werbewirtschaft, und das zum Nutzen der Konsumenten und für die Wirtschaft selbst. Die Aufgabe ist es, Fehlentwicklungen bzw. Missbräuche in der Werbung zu korrigieren.
www.werberat.at
Pro-Ethik-Siegel
Das Pro-Ethik-Siegel ist eine Auszeichnung für verantwortungsbewusstes Werben in Österreich. Es prämiert werbetreibende Firmen, Agenturen und Medienunternehmen, die ethische Grundsätze einhalten, die auf den Spielregeln des Ethik-Kodex basieren.
www.werberat.at/show_4315.aspx
Foto: ÖWR/Katharina Schiffl