Zu Besuch bei Stampatore Gianni Basso
Venedig, Stadtteil Cannaregio, August 2021, 10 Uhr morgens. Endlich habe ich es geschafft! Seit ich das erste Mal einen Artikel über Gianni Basso in einer Zeitung gelesen habe, wollte ich sein Geschäft besuchen.
Emma Watson, Hugh Grant und Tony Blair sind nur einige der Namen auf den Visitenkarten in der Auslage des kleinen Geschäfts in der ruhigen Calle. Sein Handwerk hat Gianni Basso in einem Kloster gelernt – die Farben bis heute handgemischt, Druckstöcke, die teilweise über 100 Jahre alt sind, alles handgesetzt und persönlich per Hand entworfen. So fertigt er edle Visitenkarten, Briefbögen oder Dankeskarten an.
Als ich in das kleine Geschäftslokal trete, bedruckt er gerade Kuverts. Es gibt keine Computer, dafür mehrere Stapel mit Briefen aus aller Welt. Es sind Anfragen von Kunden per Post, denn beauftragen kann man Drucksorten bei Gianni Basso entweder per Brief oder persönlich. Ich sehe mich um und staune, Gianni und ich kommen ins Gespräch. Die Begeisterung für sein Handwerk und die Verehrung für Johannes Gutenberg sind in jedem Satz spürbar. Egal ob auf Deutsch, Englisch oder, als noch eine Kundin den Laden betritt, Französisch. Neben seiner Werkstatt hat er sich ein kleines Museum eingerichtet, durch das er mich führt: Druckpressen, Setzkästen … Ich bin begeistert und fasziniert von diesem Kleinod des Druckhandwerks. Wir plaudern über das Dasein als Unternehmer. Die grundsätzlichen Herausforderungen sind ähnlich, egal ob in Österreich oder Italien. Eine Besonderheit in Venedig, das berühmt-berüchtigte Acqua alta (Anm.: das jährliche winterliche Hochwasser in Venedig), macht auch vor seinem Geschäft nicht immer halt und ist nicht nur für die Maschinen, sondern besonders für sein kostbares Papier ein großes Problem. Erst vor einigen Jahren stand sein Geschäft kniehoch unter Wasser. Aufgeben oder ein Standortwechsel ist allerdings keine Option für den Venezianer. Sein Ziel ist es, sein Handwerk weiterzugeben, Tradition zu wahren und zu pflegen. Etwas, das ihm sicher gelingen wird, nicht nur aufgrund seiner Begeisterung und Leidenschaft, sondern auch durch die Qualität seiner Produkte. Einige der gedruckten Kostbarkeiten hängen jetzt in meinem Büro.
Die Verehrung für Johannes Gutenberg ist in jedem Satz spürbar.
Nach zwei Stunden, die wie im Flug vergangen sind, verabschiede ich mich. Gianni hat heute seinen letzten Arbeitstag und tritt dann seinen Urlaub in den Bergen an, wo es kühler ist. Was für ein Glück, dass ich ihn noch an seinem Arbeitsplatz erwischt habe! Jetzt heißt es warten auf den Briefträger, der mir irgendwann meine Bestellung bringen wird. Sollten Sie in Venedig sein und gerne das „richtige“ Venedig, wie Gianni sagt, kennenlernen wollen, dann schauen Sie vorbei bei Gianni Basso, Stampatore in Cannaregio, Venezia – es lohnt sich!