Redaktion Werbemonitor

Branchenstudie 2019: Auswahlkriterien

Die Werbebranche blickt auf dynamische Jahre zurück. Schon 2015 beauftragte die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation eine Erhebung, um einen Spiegel der Branche in Bezug auf Verrechnungspraxis und Kriterien für die Auswahl von Dienstleistern zu erhalten. Die dokumentierten Veränderungen sind teilweise den Auswirkungen der Wirtschaftskrise 2008 und der schleppenden Konjunkturerholung der darauffolgenden Jahre geschuldet. Jetzt wurde erneut befragt. Es gibt gute und schlechte Nachrichten.

2019 ist das Wirtschaftsumfeld spürbar dynamischer. Die Diskussion und Auseinandersetzung darüber, welche Honorare branchenüblich sind, gibt es sowohl zwischen Auftraggebern und Kreativdienstleistern als auch branchenintern. Die geltenden rechtlichen Bestimmungen der EU verbieten die Herausgabe von Honorarrichtlinien und -empfehlungen.

Orientierungshilfen für die Kalkulation
Dennoch wünschen sich Unternehmer und Geschäftsführer von Kreativbetrieben Orientierungshilfen für die Kalkulation sowie entsprechende Informationen über Branchenüblichkeiten. Gepflogenheiten in der Werbe- und Kreativbranche lassen sich über repräsentative Markterhebungen nachweisen und dokumentieren. Die Ergebnisse helfen einer starken Interessensvertretung wie der Wirtschaftskammer, Entwicklungen und Veränderungen am Markt zu erkennen sowie den Wert der Leistungen ihrer Mitglieder nachzuweisen.
Die letzte Studie der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation erfolgte 2015. Die vorliegende Erhebung soll einerseits die und Trends sowie Entwicklungen aufzeigen und andererseits die Dokumentationen von Preisniveaus und Branchengepflogenheiten auf den aktuellen Stand bringen.

Partnersuche

Wie kommen Auftragnehmer der Werbebranche zu ihren Kunden?
Persönliche Kontakte und Empfehlungen sind nach wie vor die besten Auftragsbringer für die Dienstleister der Werbebranche. Zudem vertrauen Auftraggeber auf die Erfahrungen und Empfehlungen der Kontakte in ihrem persönlichen und unternehmerischen Umfeld. Auf Platz drei rangiert die Onlinerecherche. Wettbewerbspräsentationen und Werbepreise als Auftragsquelle haben gegenüber 2015 etwas an Bedeutung verloren. Fachevents hingegen sind für die Kundenakquise wichtiger geworden (+10 Prozent). Unter den „anderen Angaben“ wird als freie Nennung mehrfach auf „Netzwerke“ als Hilfe zur Auftragserteilung hingewiesen. bestehenden Daten erweitern Wie finden Auftraggeber den richtigen Werbepartner?

Nach den Empfehlungen und persönlichen Kontakten (Freunde, Bekannte, Familie) wählt knapp jeder dritte Auftraggeber (32 Prozent) die Onlinerecherche, um nach möglichen Werbepartnern Ausschau zu halten. 13,6 Prozent halten Fachveranstaltungen und 4 Prozent spezielle Agentursuchmaschinen für hilfreich. Die Statistik belegt damit erneut – auch im Zeitalter der Onlinebeschaffung –, dass Vertrauen und persönlicher Kontakt als die besten Grundvoraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit eingeschätzt werden. Die externe Referenz durch den Empfehlenden hat dabei in der Wahrnehmung der Auftraggeber höchste Bedeutung.

Referenzen als Kriterium
Referenzen sind weiterhin als wichtiges Kriterium zu sehen, weil diese vorab helfen, den gestellten Kompetenzanspruch mit konkreten Beispielen zu untermauern und die Erfahrung des Anbieters zu dokumentieren bzw. nachzuvollziehen. Die Größe der Agentur oder des Anbieters hat sowohl für Auftragnehmer als auch -geber eine geringere Bedeutung. Für nur 15 von 100 Auftraggebern ist die Unternehmensgröße des Anbieters ein sehr wichtiges oder wichtiges Kriterium.

Empfehlung gewinnt
Die Empfehlung gewinnt als wichtigstes Auswahlkriterium von Werbeagenturen und -dienstleistern weiter an Bedeutung. Die Empfehlung aus dem Bekanntenkreis ist für den Entscheider ähnlich ausschlaggebend – also vor den Referenzen und dem Preis – wie die Eigendarstellung des Anbieters im persönlichen Gespräch.

Website des Anbieters
Die Eigendarstellung der Anbieterleistungen und Kompetenzen auf den Websites der Anbieter ist den Auftragnehmern wichtiger als den Auftraggebern. Die Bedeutung liegt im Vergleich zu den anderen Kriterien trotzdem deutlich vor der Unternehmensgröße oder der Wettbewerbspräsentation. Professionalität, Benutzerfreundlichkeit und Aktualität des eigenen Internetauftritts der Anbieter bleiben weiterhin wichtige Qualitätsmesser für den Entscheider, wenn es darum geht, aus möglichen Anbietern eine Vorauswahl zu treffen.

Persönliches Gespräch und Eigenpräsentation
Das persönliche Gespräch gewinnt als Grundstein für die künftige Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Werbeunternehmen an Bedeutung. Acht von zehn Auftraggebern halten das persönliche Gespräch mit der Eigenpräsentation des künftigen Partners für sehr wichtig oder wichtig.
Ausschreibung oder Wettbewerbspräsentation Ausschreibungen und Wettbewerbspräsentationen verlieren gegenüber 2015 etwas an Wichtigkeit. Waren sie damals noch für jeden vierten Auftraggeber ein wichtiges oder sehr wichtiges Auswahlkriterium, gilt dies 2019 nur mehr für jeden fünften.

Eigenwerbung
Die Eigenwerbung der Auftragnehmer gewinnt als Entscheidungskriterium in den letzten vier Jahren an Bedeutung. Wenn Kunden vor allem ein emphatisch geführtes, persönliches Gespräch und die transparente sowie glaubwürdige Argumentation des veranschlagten Preises bevorzugen, wird der eigene Werbeauftritt des Dienstleisters für die zu erwartende Professionalität stärker zur Qualitätsbewertung herangezogen.

Preisniveau des Anbieters
Das Preisniveau des Anbieters wurde bei der Auftragserteilung wieder zu einem wichtigeren Kriterium. Für etwa 87 Prozent der Auftraggeber ist das Preisniveau des Anbieters in der Erhebung 2019 ein sehr wichtiges oder wichtiges Auswahlkriterium. Seit 2015 ist dieser Wert um 10 Prozent gestiegen.

Auswahlkriterien nach Wichtigkeit

Die Empfehlung ist nach wie vor das Topkriterium für die Auswahl des künftigen Werbepartners in Niederösterreich. Reiht man die Kriterien nach der Wichtigkeit für die Auftraggeber, so wird deutlich, dass eine positive Empfehlung aus dem persönlichen Umfeld des Entscheiders bzw. positiv kommunizierte Erfahrungen anderer Unternehmen unverändert seit 2015 als wichtigstes Auswahlkriterium gesehen wird. 

Preis
Das Preisniveau des Anbieters in Niederösterreich gewinnt als zweitwichtigstes Kriterium an Bedeutung für die Agentur- und Anbieterauswahl. Der Preis ist für niederösterreichische Auftraggeber weiter in den Fokus gerückt. Bis 2015 wurde dafür noch die träge Konjunkturerholung als Grund kolportiert. Mittlerweile ist die wirtschaftliche Stimmung tendenziell besser und die Auslastung wird von vielen Branchenkollegen als gut angeführt. Trotzdem festigt sich die Wichtigkeit des Preisniveaus als Kriterium auf Platz zwei. Der Preis als Entscheidungskriterium gewinnt für den Auftraggeber umso stärker an Bedeutung, je weniger Unterscheidungsmerkmale ein Produkt oder Leistungsangebot für den Entscheider bietet. Werbeagenturen und -dienstleister der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation entkommen am ehesten dem Preisargument, je besser es ihnen gelingt, 1) das eigene Leistungsangebot zu individualisieren, 2) die eigene Spezialisierung und Expertise verständlich zu kommunizieren und 3) so eine deutlich unterscheidbare Positionierung gegenüber dem Mitbewerb zu erreichen.

Präsentation
Das persönliche Gespräch mit der Eigenpräsentation des Leistungsangebotes des Anbieters halten mittlerweile acht von zehn Auftraggebern als ganz wesentliches Entscheidungskriterium für die zukünftige Partnerschaft. Das persönliche Gespräch ermöglicht dem Auftraggeber abzuschätzen, ob und in welcher Art der Werbedienstleister auf seine Wünsche eingeht und wie fundiert und schlüssig er auf seine Fragen antwortet. Kurz gesagt ist es den niederösterreichischen Unternehmen wichtig, schon bei der Wahl des Kreativpartners den Grundstein für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu legen. Einschlägige Referenzen als Nachweis für die eigene Erfahrung und den Beleg für den eigenen Kompetenzanspruch des Anbieters haben in ihrer Bedeutung seit 2015 weiterhin leicht zugelegt und besetzen im Ranking der Auswahlkriterien Platz vier. Im Vergleich mit den Erhebungen aus 2013 stufen derzeit die Auftraggeber dieses Kriterium als wichtiger ein. Werbedienstleister sollten daher für erfolgreiche Projekte die Zustimmung ihrer Auftraggeber einholen, damit sie diese in ihren Referenzlisten nennen können. Internetpräsenz und Eigenwerbung der Werbeauftragnehmer gewinnen an Bedeutung für potenzielle Kunden! Nach wie vor nehmen Entscheider die Onlinepräsentation des Anbieters als Maßstab für das zu erwartende Leistungsniveau. Sie misst ihn bei der Auswahl an der Fähigkeit, das eigene Leistungsversprechen online den aktuellen Standards entsprechend und glaubwürdig kommunizieren zu können. 

Ausschreibung und Pitch
Die Ausschreibung und Wettbewerbspräsentation werden von 22 Prozent der Auftraggeber als sehr wichtiges oder wichtiges Auswahlkriterium eingestuft. Die Angabe der Wichtigkeit sinkt daher für dieses Kriterium um 5 Prozent seit der letzten Erhebung 2015. Wenn in Niederösterreich die Wettbewerbspräsentation damit „nur“ den siebenten Platz unter den abgefragten Kriterien belegt, sollte hier berücksichtigt werden, dass die Auswahl von Werbeagenturen und Partnern in den meisten Fällen in mehrstufigen Abläufen erfolgt. Wenn eine Vorauswahl von möglichen Anbietern getroffen wurde, ist knapp jeder vierte befragte Auftraggeber davon überzeugt, in einer Wettbewerbspräsentation die Leistungsfähigkeit des künftigen Partners vorab genauer kennenlernen zu können!

Agenturgröße
Die Größe der anbietenden Agentur nimmt die letzte Position im Ranking der Auswahlkriterien ein. Besonders größere Unternehmen neigen erfahrungsgemäß dazu, die Auswahl ihrer künftigen Kreativdienstleister anhand deren Teamaufstellung, des Expertiseangebots innerhalb des Beraterteams und damit anhand der Ausfallssicherheit und Leistungsfähigkeit auszuwählen. Wer also an größeren, höher sowie umfassender budgetierten Etats partizipieren möchte, wird als Anbieter eine entsprechende Auswahl an Humanressourcensicherstellen müssen.

Bewertung von Eigenschaften für die Zusammenarbeit
Zählt man die Aussagen zwischen wichtig und sehr wichtig zusammen, so lässt sich feststellen, dass hier beide Sichtweisen – nämlich jene der Auftraggeber und der Auftragnehmer – für eine Zusammenarbeit ziemlich beieinander liegen. Lenkt man das Augenmerk auf die Aussage „ist sehr wichtig“, so fällt auf, dass Beratung und umfassende Marketingkompetenz dem Auftraggeber wichtiger zu sein scheinen, als dies den Dienstleistern der Werbe- und Marktkommunikationsbranche bewusst sein dürfte. Die Auftraggeber wünschen sich nicht bloß kreative Ideen und optisch ansprechende Designkonzepte, sondern sie erwarten sich zudem Beratung in marketingtechnischen Fragen und Hilfestellungen – z. B. wie sie effizienter und zielsicherer ihre Botschaften an die Zielgruppen vermitteln können. Ebenso gilt das für die Erbringung von Leistungsnachweisen und für eine transparente Kalkulation. In dieser Frage geben 39 Prozent der Auftraggeber an, dass ihnen das in der Zusammenarbeit sehr wichtig ist. 27 Prozent der Auftragnehmer betonen die sehr große Wichtigkeit des Leistungsnachweises. Das ist ein Unterschied von 12 Prozent. Hier scheint es den Auftraggebern ein viel größeres Anliegen zu sein, den Wert der Kreativ- und Beratungsleistungen zu verstehen und die Arbeit der Werbedienstleister durch Leistungsnachweise nachvollziehen zu können.

Zuverlässigkeit und Genauigkeit sind 99 Prozent der Auftraggeber wichtig. Dies sind jene Eigenschaften, die das Ranking in der Erwartungshaltung der niederösterreichischen Auftraggeber dominieren. Die Termintreue rutscht gegenüber der Erhebung von 2015 vor auf Platz zwei. Eine einfache und professionelle Projektabwicklung wünschen sich 94 Prozent aller befragten Auftraggeber, sie steht damit auf dem dritten Platz. Die Beratung und umfassende Marketingkompetenz hat seit 2015 um 13 Prozent auf 93 Prozent zugelegt und schiebt sich in der Rangliste der gewünschten Agentureigenschaften deutlich nach vorne. Kreativität und außergewöhnliche Ideen liegen auf Platz fünf.

In der Erwartung der befragten Unternehmen verliert die Rechtssicherheit bei Fragen der Urheberschaft und der Werknutzung 13 Prozent, dennoch ist dieser Punkt noch immer für drei von vier Befragten wichtig oder sehr wichtig. Viele Entscheider, nämlich 89 Prozent (+4 Prozent) geben an, dass Leistungsnachweise und eine transparente Kalkulation der Leistungen für sie wichtig bis sehr wichtig sind. Im nächsten Teil geht es um Stundensätze und Honorare.

Hier auf einen Blick, kurz und knackig, die wichtigsten Ergebnisse:

So suchen Auftraggeber
Vieles in der Branche geht über persönliche Kontakte und Empfehlungen. Auf der Suche nach passenden Auftragnehmern wenden sich Auftraggeber an Kollegen, Freunde und Bekannte und vertrauen deren Empfehlungen. Eine Internetrecherche wird zusätzlich angewendet, um sich eine eigene Meinung bzw. ein persönliches Bild  zu machen.

So kommen Kreativbetriebe zu (neuen) Kunden
Das Angebot an Portalen für Ausschreibung und Vergabe von Kreativaufträgen steigt und wird am Markt immer mehr akzeptiert. Damit entsteht auch die Möglichkeit, sich vorab auf diesen Portalen über Referenzen, Leistungsfähigkeit und Reputation von Kreativdienstleistern neutral zu informieren.

Informative Charts entnehmen Sie bitte der Werbemonitor-Ausgabe 05/2019. Die Studie wurde von Obmann Stv. Laurentius Mayrhofer begleitet.

Teil 2 der Branchenstudie: Stundensätze und Honorare

Foto: iStock.com/MicroStockHub

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